Erinnerungsorte schaffen für die Rehabilitierung und Freiheit von Frauen

 

Erinnerungsorte schaffen

Großes Springkraut (Bachblüte Impatiens,)

Frauen, die als Hexen oder Zauberinnen verbrannt wurden, sind bis heute nicht rehabilitiert worden. Sie haben bis heute kein menschenwürdiges Begräbnis erhalten und ihre Verurteilung wurde nie zurückgenommen. Diese Frauen sind unsere Ur-Ur-Ur-Großmütter. Viele waren damals selbst Mütter. Sie haben Kinder und Enkel hinterlassen, hatten Brüder und Schwestern und sie liebende Eltern, Ehepartner und Freunde. Vor allem die Traumatisierung der "Hexenkinder" ist ein grausames Erbe!
Erinnern wir uns an die spätmittelalterliche und frühneuzeitliche gesellschaftliche Angstpsychose, der Tausende von Menschen, überwiegend Frauen zum Opfer gefallen sind! (Birgit Weidfrau)


Kollektives Frauen-Trauma heilen

Wir sind eine Gruppe von Frauen, die Erinnerungsorte schaffen möchten, Erinnerungsorte, die exemplarisch sind für das Unrecht, dass unseren Ahninnen widerfuhr. Es sollen Orte sein, an denen Menschen den Wunsch verspüren unseren Vorfahrinnen liebevolle, wertschätzende und dankbare Gedanken zu schicken. Diese Erinnerungsorte werden durch eine noch zu entwerfende bildhauerische Arbeit gekennzeichnet, die eine ähnliche Wirkmächtigkeit haben soll wie die Stolpersteine des Künstlers Gunter Demnig. So weisen wir  auf das grausame Schicksal der wegen Hexerei und Zauberei unschuldig hingerichteten Menschen hin.

Aufklärungsarbeit

Außerdem planen wir zu folgenden Fragen Aufklärungsarbeit zu leisten: Was ist über Hexenprozesse in den Archiven dieser Gemeinden zu finden? Welche Informationen geben uns fachkundige Menschen? Was galt seinerzeit als Hexerei und warum wurde sie geahndet? Gleichzeitig möchten wir damalige Gebräuche und das magische Denken dieser Zeit untersuchen.

Zur Aufklärungsarbeit gehört auch, dass Frauen-als-Hexen-Verbrennungen NICHT im finsteren Mittelalter zu verorten sind, sondern in der frühen Neuzeit, der Zeit der Renaissance, in dem u.a. kritische Geister wie Luther und Erasmus von Rotterdam lebten. Weiter möchten wir das Augenmerk auf das Schicksal der Kinder von diesen Frauen lenken und auf die traumatischen Folgen in der gesamten Ahnenreihe. Diese Frauen sind unsere Ur-Ur-Ur-… Großmütter.

Nehalennia; Foto: Jona Lendering, Leiden, Rijksmuseum voor Oudheden

Die Rolle der Frau vor der Christianisierung

Die soziale und vor allem die spirituelle Rolle der Frau waren vor der Christianisierung in allen betroffenen Regionen nach wie vor stark. Beispielsweise sind uns aus den einst germanischen Gebieten zahlreiche Überlieferungen zu Seherinnen bekannt, die Matronensteine erzählen das Ihre. Durch Kolonialisierung und Christianisierung wurden besonders Frauen geschwächt, doch bis in die frühe Neuzeit hinein muss ihr Einfluss in Familien, Dörfern und Gemeinden noch immer stark gewesen sein. Nur so ist der akribisch durchgeführte Genozid an Frauen erklärbar, der Hand in Hand von beiden christlichen Kirchen, der Wissenschaft und dem Staat gnadenlos durchgezogen wurde. Vor allem wegen der zahlreichen wissenschaftlichen Gutachten und der angsterzeugenden klerikalen Predigten würden wir heute sagen: Hier war eine frühe Form der Medienmanipulation im Spiel.

Geplante Denk-Mal-Nach-Objekte

Die noch zu entwickelnden Denkmäler sollen Impulse setzen und Erinnerungen in das kollektive Gedächtnis rufen, um Heilung auszulösen. Zugleich stellen sie ein Mahnmal dar. Sie erinnern uns daran, dass immer noch Diskriminierung, Gewalt, Unterdrückung und Verfolgung gegen Frauen, Mädchen (Maiden) und Andersdenkende (Häretiker*innen) auf dieser Welt herrschen. Dieses Thema ist aktueller denn je.

Im Rahmen des Vorhabens beabsichtigen wir Frauen einzuladen heilsame  Workshops und Weiterbildungs-Seminare anzubieten. Wir selbst planen z.B. Kräuterwanderungen, Exkursionen zu steinzeitlichen Siedlungsplätzen, an denen wir der Frauenkraft in besonderer Weise (künstlerisch) begegnen, Exkursionen zu ehemaligen Hexentanzplätzen, an denen wir der weiblichen Widerstandskraft nachspüren können  aber auch  Besuche von Richtstätten, wo Zauberinnen unschuldig hingerichtet wurden.

Für die Entwicklung der wetterbeständigen (bronzenen oder steinernen) Denkmäler rufen wir zu einem großen Brainstorming auf. Das zu entwickelnde Objekt soll ein einheitliches Werk darstellen mit hohem Wiedererkennungswert, dass international immer in gleicher Form aufgestellt oder verlegt werden kann. Seine Umsetzung muss einfach, platzsparend und realistisch sein und dennoch Pepp haben. Sofern es angelehnt an die Idee der Stolperschwellen von Gunter Demnig Erinnerungs-Schwellen oder -Platten werden, sollen sie so verlegt sein, dass Fußgänger*innen sie nicht gerne betreten, sondern instinktiv überschreiten. Die Form des Objektes ist noch völlig offen. Wir sind für alles offen und sammeln jetzt Ideen.

Für die Finanzierung des ganzen Vorhabens sind wir auf Spenden angewiesen. Diese werden über einen oder mehrere gemeinnützige Vereine gesammelt, so dass wir Spendenbescheinigungen ausstellen können. Zudem ist ein „magischer Baumkalender“ mit Bäumen aus dem Jammertal geplant, dessen Verkaufserlös ebenfalls in das Projekt fließen soll.  Für Entwicklung und Umsetzung laden wir Frauen und Vereine ein, sich an diesem Projekt in ihrer Weise zu beteiligen.

Aufruf zur sozialethische Rehabilitierung der verbrannten Frauen

Politisch regen wir an im Rahmen der Denkmal-Aufstellungen oder -Verlegungen die jeweiligen Städte und Gemeinden aufzufordern, die als Hexen und Zauberinnen verbrannten Frauen sozialethisch zu rehabilitieren.

In dieser Sache hat Hartmut Hegeler[1] viel Vorarbeit geleistet: Seit Jahren beantragt er bei Städten und Gemeinden die sozialethische Rehabilitierung von „Hexen“. So konnte er z.B. in Köln mit Unterstützung von  Wolfgang Niedecken (BAP) den anfangs etwas störrischen Kölner Stadtrat gewinnen, alle in Köln als Hexen hingerichteten Frauen sozialethisch zu rehabilitieren. Niedeckens Vorfahrin, die auch als Hexe in Köln verbrannt worden war, gehörte dazu.

Noch Heute ...

Erdenweit werden bis heute Menschen verfolgt, wegen ihrer Gesinnung, ihres Geschlechtes, ihrer Herkunft, ihres Glaubens, ihrer Ethnie, ihrer politischen, wissenschaftlichen oder wirtschaftlichen Überzeugung usw..  Sie erleiden ohne eigenes Verschulden grausame Schicksale. Es sind Menschen, die regelmäßig den Interessen der Machtelite im Weg stehen. Diese Menschen verdienen unsere volle Aufmerksamkeit. Gleichzeitig ist es uns wichtig unseren Ahnfrauen Wertschätzung und Erinnerung zuteilwerden zu lassen, indem wir ein Stück in ihre Geschichte eintauchen und sie liebevoll und einfühlsam lebendig werden lassen.

Unsere erste Denk-Mal-Legung oder -Aufstellung wünschen wir uns für das Jahr 2023.

Mond mit Baum 


[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Hartmut_Hegeler